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Die Wechselkröte - Bufo viridis
Charakteristik:
Mittelgroß; Parotiden fast parallel; Pupille waagerecht elliptisch, Iris zitronengelb bis grünlich; Gelenkhöckerchen an Zehenunterseite einfach; grünes Fleckenmuster auf hellem Grund; Paarungsrufe: längeres melodisches Trillern „ürrrr... ürrrr... ürrrr“; Mittel-, Ost- und Südost-Europa.
Beschreibung:
In Mittel-Europa erreichen die Männchen eine Kopf- Rumpf-Länge von etwa 80 mm, die Weibchen von 90, seltener 100 mm. Der Kopf ist relativ breit. Kennzeichnend für die Art sind die waagerecht elliptische Pupille, die zitronengelbe bis grünliche Iris sowie flache und nahezu parallel zueinander verlaufende Parotiden. Das Trommelfell ist zumeist deutlich. Auf Unterarm und Oberschenkel befinden sich größere Drüsenkomplexe. Beim Männchen erreicht das Fersengelenk bei der Fersenprobe mindestens das Auge, beim Weibchen den Bereich zwischen Schulter und Augenhinterrand. Die Gelenkhöckerchen auf der Zehenunterseite sind einfach angeordnet. Die Oberseite ist auf hellgrünlichem, beigefarbenem, manchmal fast weißem Grund hell- bis dunkel-grün großgefleckt. In der Rückenmitte ist manchmal eine helle Längslinie zu erkennen. Sie ist allerdings nicht gelb gefärbt, wie bei der Kreuzkröte. Vor allem bei Weibchen sind die größeren Warzen an den Körperflanken orange bis rötlich gefärbt. Die Unterseite ist hellgrau bis weißlich, manch- mal ungefleckt, oft aber mit kleineren dunkelgrünen Flecken besetzt.
Geschlechtsunterschiede:
Weibchen werden etwas größer und haben die kontrastreichere Rückenzeichnung aus dunkelgrünen, scharf begrenzten Flecken auf hellem Grund. Die Flecke der Männchen sind oft hellgrün, manchmal verwaschen und stehen auf hellgrünlichem Grund; sie haben verdickte Vordergliedmaßen und an den ersten drei Fingern zur Paarungszeit dunkel pigmentierte Brunstschwielen sowie eine große kehlständige Schallblase.
Jahreszeitliche Unterschiede:
Außerhalb der Fortpflanzungszeit sind die Brunstschwielen nicht dunkel pigmentiert. Während des Wasseraufenthaltes ist das Zeichnungsmuster der Männchen ziemlich kontrastarm und scheint verwaschen.
Verwechslungsarten:
Kreuzkröte: gelbe Dorsallinie; paarige Gelenkhöckerchen an der Zehenunterseite; läuft mäuseähnlich schnell. Erdkröte: kein grünes Fleckenmuster; Iris rotgolden; Gelenkhöckerchen an der Zehenunterseite paarig; Parotiden nach hinten divergierend. Geburtshelferkröten / Schaufelkröten: Vergleiche Kreuz- und Erdkröte.
Verbreitung:
Die westliche Verbreitungsgrenze der Wechselkröte erstreckt sich von der Ost- und Südküste Schwedens (etwa 59° N, wird 59°N, auch in Estland erreicht), dort sind auch vorgelagerte Inseln (Gotland) besiedelt, über die dänischen Inseln Sjaelland, Fyn und Lolland durch Schleswig-Holstein (östlich der Linie Fehmarn - Oldenburg Bad Segeberg - Hamburg) bis in das östliche Niedersachsen (Braunschweig - Hildesheimer Lößbörde, Ostbraunschweigisches Hügelland, westlicher Teil des nördlichen Harzvorlandes). Die Grenze verläuft durch Nordrhein- Westfalen (Minden, Hamm, Köln, Düren) und folgt in etwa dem Rheintal durch Rheinland-Pfalz und Baden- Württemberg bis nach Frankreich. Dort ist nur das Elsaß mit den Départements Haut-Rhin und Bas-Rhin bewohnt. Die Alpen werden gemieden, die Schweiz nicht erreicht, wobei Vorkommen unmittelbar nördlich von Basel bekannt sind. Österreich wird sporadisch im westlichen und südlichen Teil, etwas dichter im Osten besiedelt. Die Wechselkröte ist nahezu in ganz Italien, auf Korsika, Sardinien, Sizilien und Malta, in Osteuropa sowie auf dem gesamten Balkan, ein- schließlich Peloponnes und Kreta sowie verschiedenen griechischen Inseln zu finden. Auf den Balearen wurde sie angesiedelt. Auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR verläuft die nördliche Verbreitungsgrenze zwischen 59 und 55° N bis zum Ural. Die Wechselkröte fehlt in großen Teilen Skandinaviens und Frankreichs, auf den Britischen Inseln, in den Benelux-Ländern und auf der Iberischen Halbinsel. Sie kommt außerhalb Europas in Nord-Afrika und bis nach Zentral-Asien vor.
Lebensraum:
Die Wechselkröte ist eine Steppenart, unempfindlich gegenüber Trockenheit, Wärme, Kälte und erhöhtem Salzgehalt des Laichgewässers. In Mitteleuropa besiedelt sie Erdaufschlüsse verschiedenster Art, Trocken- und Halbtrockenrasen, Binnen- und Küstendünen, dringt in lichte Waldbestände ein und ist vor allem in Norddeutschland eine „typische Dorfkröte". In der Poebene lebt sie in Reisfeldern, im Elsaß in der Nähe von Kaliminen, in Süd-Schweden auf felsigem Terrain. Die Kröten graben Röhren in das lockere Erdreich, in denen sie sich auch zu mehreren oder in Gesellschaft mit der Kreuzkröte tagsüber verbergen. Verstecke werden auch unter größeren Steinen, Brettern oder ähnlichem bezogen. Sie überwintern in frostfreien Quartieren an Land. Als Laichgewässer dienen flache, vegetationsarme Gewässer. In Norddeutschland sind das vor allem die mit Hausgeflügel besetzten, flachuferigen Dorfteiche. Im Gebiet des Neusiedler Sees werden die stark salzhaltigen Alkali-Laken zur Fortpflanzung genutzt, wo die Wechselkröte die erfolgreichste" Amphibienart ist. Die Wasserqualität spielt zunächst eine untergeordnete Rolle wir fanden Kaulquappen sogar in Güllepfützen - vielmehr sind eine flach auslaufende, vegetations- arme Uferregion und in der Nähe liegende sonnenexponierte Versteckplätze von Bedeutung. Die Larven sind Bodenbewohner. Jungkröten findet man manchmal dicht gedrängt unter Brettern oder Steinen in Ufernähe. Die Vertikalverbreitung reicht von Meeresniveau bis in 2100 m NN (Italien) in Albanien (Korab) sogar bis in 2400 m NN; außerhalb Europas bis in 4500 m NN!
Nahrung:
In einem Gebiet der ČSFR bestand die Nahrung erwachsener Kröten hauptsächlich aus Ameisen, Laufkäfern, Rüsselkäfern, Spinnen und Larven von Weichkäfern. Fliegende Insekten wie Schmetterlinge oder Fliegen wurden weniger gefressen. Jungtiere hatten vor allem Pflanzenläuse, Springschwänze, Hautflügler, kleinere Laufkäferarten sowie Milben und Zecken im Magen. Nahrungsnachweise gelangen von April bis Ende Oktober, in einem Fall bis Mitte November. Während der Häutung wird die Nahrungsaufnahme eingestellt. Im Frühjahr und bei Regen fressen die Tiere am Tage, sonst nachts. Bei Jungkröten entsprach der Mageninhalt 7% des Körpergewichtes, bei erwachsenen Wechselkröten rund 5%.
Feinde:
Verschiedene Vogelarten wie Weißstorch, Roter Milan, Rotfußfalke und Waldkauz verzehren auch Wechselkröten. Larven und frisch metamorphosierte Jungtiere werden von Staren, Hausenten und Haushühnern gefressen. Die Larven werden häufiger das Opfer von Wasserkäfer- und Libellenlarven.
Abwehrverhalten:
Gefangene Wechselkröten sondern nicht selten größere Mengen eines weißen, charakteristisch riechenden Hautsekrets ab und äußern Abwehrrufe. Die Kaulquappen flüchten schnell am Gewässerboden entlang.
Fortpflanzung:
Die Fortpflanzungsperiode in Mittel-Europa erstreckt sich, witterungsabhängig, von Anfang/Mitte April bis in den Juni, selten Juli. Weibchen erscheinen gewöhnlich nur kurz zur Laichabgabe im Wasser. Während der Paarung klammert das Männchen die Partnerin in der Achselregion. Die Laichschnüre werden auf dem Gewässerboden, auf Wasserpflanzenbeständen, manchmal auf Grünalgenpolstern abgesetzt. Sie sind je nach Dehnungsgrad 2-4 m lang und enthalten 2000- 15000 braun-schwarze Eier. Diese liegen in 2-4 Reihen in der 4-6 mm dicken Hüllgallerte. Ihr Durchmesser beträgt 1-1,5 mm. Entsprechend der Wassertemperatur ist die Embryonalentwicklung nach 3-6 Tagen abgeschlossen.
Paarungsrufe:
Die Paarungsrufe sind ein melodisches, bis zu 10 Sekunden dauerndes Trillern „ürrrr... ürrrr... ürrrr". In der Minute erklingen etwa 4 “Triller". Zumeist verlassen die Männchen in der Dämmerung die Tagesverstecke und hüpfen zum Wasser. Dort sitzen sie mit aufgerichtetem Körper im Flachwasser, direkt am Ufer und manchmal auch auf Wasserpflanzenpolstern in der Gewässermitte und rufen häufig auch im Chor. Die Rufe sind vor allem vor Mitternacht zu hören, seltener am Tage. Die Paarungsrufe der Wechselkröte können mit den Rufen des Regenbrachvogels und dem Zirpen des Weinhähnchens, einer im Mittelmeerraum verbreiteten Grillenart, verwechselt werden.
Larvenentwicklung, Geschlechtsreife, Alter:
Die Larven messen beim Schlupf 3-4 mm und wachsen auf fast 50 mm Gesamtlänge innerhalb von 3-4 Monaten heran. Nach der Metamorphose (Juni/August) haben die Jungkröten eine Kopf-Rumpf- Länge von 10-17 mm. Die Geschlechtsreife setzt nach der dritten Überwinterung ein. Wahrscheinlich erreichen Wechselkröten ein ähnlich hohes Alter wie Erdkröten. Jahres- und Tagesaktivität: In Mittel- Europa überwintert die Art zwischen September/Oktober und Ende März. Im südlichen und südöstlichen Teil des Verbreitungsgebietes ist die Winterruhe nicht obligatorisch (z. B. auf dem Peloponnes). Aus Mecklenburg wurde ein Winterquartier im Sanitärbereich einer Industriebaracke bekannt, wo wegen der Temperaturverhältnisse Wechselkröten auch im Winter aktiv waren. Der tägliche Aktivitätsgipfel erwachsener Tiere liegt auch außerhalb der Fortpflanzungszeit in den Dämmerungs- und Nacht- stunden. Jungtiere sind auch am Tage außerhalb ihrer Verstecke zu finden. Auf der Suche nach geeigneten Lebensräumen können Wechselkröten mehrere Kilometer wandern.
Gefährdung und Schutz:
Bezüglich der Gefährdungsursachen und der Schutzkonsequenzen gilt das bei der Kreuzkröte Gesagte. Der Wassergeflügelbesatz auf Dorfteichen darf nicht zu hoch sein und sollte ständig kontrolliert werden. Ein gänzliches Fehlen hat wahrscheinlich ebenfalls nachteilige Folgen für die Kröten-Population, da die Gewässerufer sonst zu schnell zuwachsen. Am gesamten Westrand des Areals werden Bestandsrückgänge beklagt und mit der zunehmenden „Ozeanisierung" des Klimas in Verbindung gebracht.
Text: Andreas Nöllert