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Die Rotbauchunke - Bombina bombina
Charakteristik:
Kleiner Froschlurch; flacher Körper; Pupille herzförmig; Unterseite orange bis rötlich/ schwarz-bleigrau gefleckt; rötliche Leisten- und Oberschenkelflecke nicht in Kontakt; rötliche Hand- und Fußballenflecke nicht bis auf 1. Finger/1. Zehe reichend; Finger- und Zehenspitzen dunkel; Paarungsrufe: melodische Klänge ,,uuh..uuh..uuh“, in der Minute weniger als 40mal wiederholt; Tiefland Mittel- und Ost-Europa.
Beschreibung:
Die Art erreicht Kopf- Rumpf-Längen bis zu 53 mm, in Mittel-Europa zumeist 30-45 mm. Sie ist schlanker als die Gelbbauchunke. Körper und Kopf sind abgeflacht, die Schnauze abgerundet. Die Pupille ist herzförmig, Parotiden fehlen, und das Trommelfell ist äußerlich nicht sichtbar. Auf dem Rücken befinden sich viele Wärzchen, auf denen weniger markant als bei der Gelbbauchunke kleine schwarze Hornstacheln sitzen. Dadurch ist die Oberfläche auch weniger rauh als bei dieser Art. Das Verhältnis von Kopf-Rumpf-Länge zur Unterschenkellänge ist größer als 3:1. Auf der dunkel- bis hellgrauen oder graubraunen Oberseite ist in der Nackenregion beidseits je ein dunklerer, bogenförmiger Drüsenkomplex sichtbar. Oft ist der Rücken dunkel gefleckt; nicht selten treten Rotbauchunken mit moosgrünen Nackenflecken und einer ebensolchen Rückenlinie auf; auch gänzlich grüne Individuen kommen vor. Unterseits ist die Unke orange bis rötlich und schwarz bis bleigrau gefleckt. Die dunklen Zeichnungselemente sind mit vielen weißen Pünktchen besetzt. Der rötliche Anteil macht zwischen 20 und nahezu 90% der Bauchfläche aus, liegt zumeist um 50%. Folgendes Zeichnungsschema ist zumeist charakteristisch: rötliche Brust- und Oberarmflecke sowie Leisten- und Oberschenkelflecke nicht in Kontakt; Hand- und Fußballenflecke erstrecken sich nicht bis auf 1. Finger/1.Zehe; Finger- und Zehenspitzen sind dunkel.
Geschlechtsunterschiede:
Männchen weisen zur Fortpflanzungszeit dunkel pigmentierte Brunstschwielen an der Innenseite des Unterarms sowie am 1. und 2. Finger auf. Sie besitzen innere Schallblasen (Kehlblasen).
Jahreszeitliche Unterschiede:
Der Pigmentierungsgrad der Brunstschwielen ändert sich mehrmals jährlich. Während des Wasseraufenthaltes hellen sich die die dunklen Zeichnungselemente der Unterseite auf und werden blei- bis hellgrau. Durch Lymphansammlungen unter der Haut sind Rotbauchunken während des Wasseraufenthaltes oft ,,wabblig“.
Verwechslungsarten:
Gelbbauchunke: rauhere Hautoberfläche; längere Unterschenkel; Unterseite mit gelb- schwarzem Muster, Brust- und Ober- armflecke sowie Lenden- und Oberschenkelflecke in Kontakt; gelbe Färbung des Hand- und Fußballens geht auf 1. Finger/1. Zehe über.
Verbreitung:
Die nördlichsten Vor- kommen im Süden und Westen der schwedischen Provinz Skåne starben gegen 1960 aus, Neuansiedlungen erfolgten 1983. In Dänemark gibt es heute wenige Populationen entlang des Store Baelt, auf dem südlichen Sjaelland und den Inseln südlich Fyn. Die westliche Verbreitungsgrenze kann etwa folgendermaßen beschrieben werden: östliches Schleswig- Holstein (Insel Fehmarn, Holsteinische Schweiz, Ratzeburger Seen-platte), nordöstliches Niedersachsen (ehemals bis zur Weser/Aller, mit südlichsten Vorkommen um Hildesheim; heute nur noch zwischen Elbe und Ilmenau), östliches Sachsen-Anhalt (zunächst der Elbe, später Saale und Elster folgend) bis nach Sachsen (Leipzig, Altenburg, wo Thüringen erreicht wird) über Dresden und Görlitz in den westlichen Teil der ČSFR (Karlovy Vary/Plzen). Die Grenze verläuft weiter über Nordost-Österreich (Gmünd/Wien), südwärts durch das Burgenland und die östliche Steiermark nach Ost-Jugoslawien, wo die Flüsse Save und Morava die südwestliche Grenze bilden. Griechenland ist im äußersten Osten (Provinz Hevros) besiedelt. Vier Fundorte sind aus Türkisch Thrakien bekannt. In Bulgarien und Rumänien wird verschiedentlich die Schwarzmeer-Küste erreicht. Die Ostgrenze des europäischen Verbreitungsgebietes erstreckt sich vom nördlichen Teil der Halbinsel Krim, entlang des Don und der Wolga bis in das Uralvorland (südlich Perm). Die Nordgrenze läuft zwischen dem 57. und 58. Breitengrad bis nach Lettland (Riga) und schließlich entlang der polnischen und ostdeutschen Ostseeküste bis nach Südschweden. Außerhalb des hier besprochenen Gebietes kommt die Rotbauchunke im Nordwesten Anatoliens, zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer, nordostwärts bis unmittelbar östlich des Ural vor. Eine ausgedehnte Kontaktzone besteht mit der Gelbbauchunke. Diese Zone erstreckt sich etwa vom südlichen Polen, über die ČSFR, Österreich, Ungarn, Bulgarien, Rumänien, Jugoslawien, Griechenland bis in die westliche Ukraine. Hier treten natürliche Hybride auf, deren Zuordnung Schwierigkeiten bereitet. Die Rotbauchunke fehlt im größten Teil Nordeuropas, im gesamten west- europäischen Raum einschließlich der Iberischen Halbinsel, in Italien, der Schweiz und größeren Teilen der Balkanhalbinsel.
Unterarten:
Keine.
Lebensraum:
Rotbauchunken sind Bewohner offener, sonnenbeschienener Lebensräume wie Wiesen, Weiden, Ackerland, wärmebegünstigter Waldrandlagen und Überschwemmungsbereiche in Flußauen. Hier werden zwischen Frühjahr und Sommer Erlenbrüche, die Gelegezonen von Seen, Weihern und Teichen, aber auch kleinere Gewässer besiedelt. In der Elbaue Niedersachsens werden neu entstandene Überschwemmungsflächen als Laichgewässer bevorzugt. Optimale Rotbauchunkengewässer haben eine gut ausgeprägte Unterwasservegetation, die in Mecklenburg beispielsweise aus Flutendem Schwaden, Wasserfeder, Wasserhahnenfuß, Hornkraut und Kanadischer Wasserpest besteht. Fließgewässer werden zumeist gemieden. An Land findet man Rotbauchunken unter und in totem Holz, unter Steinen oder im Wurzelbereich von Bäumen und Sträuchern, hier finden sich auch die Winterquartiere. Die Larven leben recht versteckt in dichterer Unterwasservegetation. Als Art des Tieflandes erreicht sie in Niederösterreich 599 m NN.
Nahrung:
Die Nahrung von Rotbauchunken aus den Ukrainischen Karpaten bestand zu 56% aus Zuckmücken und deren Larven, 18% aus Käfern, 3% aus Spinnen und zu 2% aus Tausendfüßlern. Alle anderen Wirbellosen machten weniger als 1% aus.
Feinde:
Verschiedene Vogelarten verzehren Rotbauchunken und deren Larven, z. B. die Große Rohrdommel, Rallen- und Nachtreiher, Schwarz- und Weißstorch sowie der Waldkauz. Auch Wasserspitzmäuse fressen die Art.
Abwehrverhalten:
An Land und vor allem bei kühler Witterung können Rotbauchunken bei Annäherung eines vermeintlichen Feindes oder bei direkter Berührung eine „Kahnstellung" einnehmen, die als „Unkenreflex" bezeichnet wird. Dazu wird die Wirbelsäule durchgebogen, Kopf und hinterer Körperabschnitt werden angehoben und die Gliedmaßen seitlich aufwärts gedreht". Dadurch sind die rötlichen, „Signalflecke" an Hand- und Fußballen sowie die kontrastreiche Kehlzeichnung sichtbar. Die Hände liegen bei der beschriebenen Stellung manchmal auf dem oberen Augenlid. Der „Unkenreflex" wird einige Sekunden „durchgehalten", dann versucht das Tier durch Flucht zu entkommen. Vielfach wird auch ein weißliches, intensiv riechendes Haut- sekret ausgeschieden, das auch beim Menschen zu starken Schleimhautreizungen führt - dem „Unkenschnupfen“. Männchen äußern Abwehrrufe. Im Wasser versuchen Unken auf den Gewässergrund zu flüchten, um sich dort im Schlamm einzuwühlen. Unken drehen sich auf den Rücken und präsentieren die gesamte Unterseite.
Fortpflanzung:
Die Ruf- und Fortpflanzungsperiode erstreckt sich in Mitteleuropa von April bis Juli/August. Pro Jahr sind mehrere Ruf- und Laichzeiten möglich. Sie werden vor allem durch ausgiebige Regengüsse mit einhergehender Abkühlung des Wassers ausgelöst. Die Tiere paaren sich im Wasser, dabei wird das Weibchen vom Männchen in der Lendengegend umklammert. Ein Weibchen kann bis zu 300 Eier je Saison produzieren, die in mehreren lockeren Laichklümpchen von bis zu 30 Stück an Wasserpflanzen geheftet werden. Die Eier sind am oberen Pol mittel-, am unteren hellbraun. Der Eidurchmesser beträgt 1,5 - 2 mm, der der runden Gallerthüllen 5 - 8 mm. Je nach Wassertemperatur ist die Embryonalentwicklung in 2-5 Tagen ab- geschlossen.
Paarungsrufe:
Die melodischen Klänge „uuh..uuh..uuh" sind weniger als 40mal in der Sekunde zu hören. Die Rotbauchunke ruft lauter als die Gelbbauchunke. Über einem gut besetzten Laichgewässer liegt eine angenehme, ständig schwingende Klangglocke. Ehe ein Männchen mit dem Rufen beginnt, füllt es die Lunge durch Bewegungen des Mundbodens mit Luft. Danach liegen die Tiere wie Miniballons auf der Wasseroberfläche. Aus den Lungen strömt nun die Luft in die Kehlblasen und dehnt sie halbkugelig aus, damit ist die Unke rufbereit. Sie drückt Luft aus den Kehlblasen durch den stimmerzeugenden Kehlkopf (Stimmritze) in die Lungen, wobei der Ruf entsteht. Unmittelbar danach strömt die Luft in die Kehlblasen zurück. Die eigentliche „Schallblase" ist also die Lunge. Ein Männchen von 45mm Kopf- Rumpf-Länge z. B. hat ein Lungenvolumen von 3 bis 3,5 cm3. Die Schallenergie wird auf das Wasser übertragen und breitet sich dort in Form sichtbarer Wasserwellen aus. Während des Rufens sind Mund und Nasenlöcher geschlossen. Nur unmittelbar vor dem Luftrückstrom in die Kehlblasen werden diese kurz geöffnet. Da die Männchen Reviere (Durchmesser 2-3 m) bilden, verteilen sich die Individuen und somit auch der Laich auf die gesamte Wasseroberfläche. Dieses Verhalten bietet letztlich bessere Chancen zur Erhaltung der Art. Rufende Unken sind vor allem zwischen 12 und 21 Uhr zu hören, vorausgesetzt, die Wassertemperatur liegt zwischen 12/13 und 33/34° C. Die Paarungsrufe können mit den Rufen des Sperlingskauzes (ČSFR, Österreich, Rumänien, südliche ehemalige UdSSR, Polen) verwechselt werden; im Südosten des Verbreitungsgebietes auch mit denen der Zwergohreule. Auf einer Vogelstimmen-Schallplatte wurden anstelle der Rufe der Zwergrohrdommel die der Rotbauchunke vorgestellt.
Larvenentwicklung, Geschlechtsreife, Alter:
Die Larven schlüpfen mit einer Gesamtlänge von etwa 8 mm und werden etwa 55 mm lang. Bis zur Metamorphose benötigen sie 60- 90 Tage. Gelegentlich können die Larven auch überwintern. Die Jungunken haben eine Kopf-Rumpf-Länge von 11-15 mm. Wahrscheinlich werden die Männchen bereits nach der ersten Überwinterung geschlechtsreif, Weibchen erst nach der zweiten Winterruhe. Eine Rotbauchunke wurde in Gefangenschaft 20 Jahre alt.
Jahres- und Tagesaktivität:
In Mitteleuropa werden die Winterquartiere zwischen September und Oktober aufgesucht. Die Winterruhe ist im März/April beendet. Rotbauchunken überwintern an Land. Im Frühjahr und Sommer sind die Tiere tag- und nachtaktiv, während des Landaufenthaltes im Spätsommer zumeist in der Dämmerung zu beobachten. Vor allem Jungtiere wandern bei Regenfällen weit umher, wobei zurückgelegte Entfernungen von 500 m keine Seltenheit sind.
Gefährdung und Schutz:
Infolge viel- fältiger Zerstörung ihrer Lebensräume ist die Rotbauchunke entlang ihrer nordwestlichen Arealgrenze vom Aussterben bedroht. Sie verdient unter den mitteleuropäischen Amphibienarten Schutzpriorität! Ehemals in Süd-Schweden weit verbreitet, starb sie um 1960 aus. Drastische Bestandseinbußen sind auch im nord- westdeutschen Raum zu verzeichnen, wo vor allem Flußregulierungen (Aller) eine der Ursachen waren. Individuenreiche Bestände wurden im Osten Mecklenburgs durch sinnlose Meliorationsmaßnahmen vernichtet. Die Verhinderung einer weiteren Grundwasserabsenkung wäre eine wichtige Schutzmaßnahme für die Rotbauchunke.
Text: Andreas Nöllert