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Der Europäische Laubfrosch - Hyla arborea
Artcharakteristische Kennzeichen:
Kleiner Froschlurch mit Haftscheiben an sehr beweglichen Finger- und Zehenspitzen;dunkle und hell gesäumte Seitenlinie, die die Körperoberseite von der Bauchseite trennt und im Hüftbereich jeweils eine kopfwärts gerichtete Spange (Leistenspange, „Hüftschlinge“) bildet;Oberseite zumeist grasgrün, seltener braun, grau, gelblich oder dunkler gefleckt, sehr selten blau; Bauch weißlich-grau mit stärker granulierter Hautoberfläche.
Größe:
KRL beider Geschlechter 35-50 mm, selten bis 60 mm.
Geschlechtsunterschiede:
♂ mit kehlständiger großer Schallblase und faltiger bräunlich bis orangefarbiger Kehle. ♀ Weibchen ohne Schallblase, mit glatter, weißlich-grauer oder grünlich-weißer Kehle.
Jahreszyklus:
Dauer der Kältestarre in Mitteleuropa von Ende Oktober/Anfang November bis März/April. Fortpflanzungszeit (Ruf- und Laichperiode) zumeist Mitte April bis Ende Juni/Anfang Juli.
Tagesaktivität:
Europäische Laubfrösche sind sowohl tag- als auch dämmerungs-/nachtaktiv. Rufbeginn während der Fortpflanzungszeit zwischen 20.00 und 21.00 Uhr bei Beleuchtungsstärken von 260 Lux und weniger. Das Maximum der Rufaktivität wird ca. eine Stunde nach Sonnenuntergang erreicht. In Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur endet die tägliche Rufphase zwischen 22.00 und 1.00.
Fortpflanzung:
Die Fortpflanzungsgewässer sind sonnenexponiert (rasche Erwärmung), vegetationsreich und befinden sich sowohl im Offenland als auch im Wald oder in Waldrandlagen. Das paarungsbereite ♀ sucht das rufende ♂ auf und wird nach kurzer Berührung von ihm hinter den Vordergliedmaßen im Achselbereich umklammert (Amplexusaxillaris). Je Laichsaison produziert das ♀200 bis 1.400 Eier. Die werden in der Nacht in zwei bis zehn, selten bis 50 Klümpchen mit jeweils drei bis 50 (selten 100) Eiern an Unterwasserpflanzen in warmen Flachwasserbereichen deponiert und beim Austritt aus der Kloake vom ♂besamt (äußere Befruchtung). Der Eidurchmesser beträgt 1-1,5 mm, die umschließenden Gallerthüllen sind 4 mm dick. Nach sechs bis neun Tagen ist die Embryonalentwicklung abgeschlossen. Die Larven schlüpfen mit einer GL von ca. 6 mm und erreichen 50 mm GL. In Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur ist die Metamorphose nach 30-100 Tagen (zumeist 65-80) abgeschlossen und die Jungtiere suchen im Juli/August Sitzplätze in der umgebenden Ufervegetation auf.
Anzeigerufe:
Die sehr lauten, rhythmischen „Paarungsrufe“ können mit „äpp…äpp…äpp“ umschrieben werden. Sehr Individuen reiche Rufgemeinschaften (Chöre) sind z. T. mehr als 1 km weit zu hören. Im Hochsommer und Herbst rufen einzelne Männchen am Tage aus Gebüschen und Bäumen ihres Jahreslebensraumes (Solitärrufe), nicht selten durch Geräusche von Flugzeugen o. ä. stimuliert. Solitärrufe sind auch während der Fortpflanzungszeit tagsüber zu hören.
Tagesverstecke und Winterquartiere:
Europäische Laubfrösche suchen während der Fortpflanzungszeit sowie im Sommerlebensraum Sitzwarten unterschiedlicher Höhen in der Vegetation auf, wobei auch Baumkronen bis in den Wipfelbereich (18-27 m) besiedelt werden. Winterquartiere befinden sich in vielfältigen Bodenverstecken strukturreicher Waldgebiete aber auch in Parkanlagen und „naturnahen“ Gärten. Aus Osteuropa wurden Winterquartiere im Bodenschlamm verschiedener Gewässer bekannt.
Wanderdistanzen:
Der durchschnittliche Aktionsradius beträgt ca. 2 km um das Fortpflanzungsgewässer, jedoch sind individuelle Wanderleistungen von 12,6km beobachtet worden.
Nahrung:
Vor allem Zweiflügler- und Käferarten, die zahlreich in der Blüten reichen Vegetation des Sommerlebensraumes siedeln.
Prädatoren:
Ringelnatter, viele Vogelarten und Säugetiere (v. a. Wasserspitzmaus, Iltis). Laich und Kaulquappenwerden von Wasserinsekten und deren Larven, Fischen, Wassermolchen sowie Larven anderer Amphibienarten verzehrt.
Abwehrverhalten:
Bei Bedrohung flüchten Europäische Laubfrösche. Sie können sich aufblähen oder in einer „Schreckstellung“ reglos verharren. Sehr selten produzieren rufende Männchen „Schreckrufe“, wenn sie von Beutegreifern erfasst werden.Durch die Körperfärbung ist die Art in der Vegetation nicht auffällig.
Alter:
In der Natur bis zu 5 Jahre, in menschlicher Obhut (Terrarium) bis 22 Jahre.
Bemerkenswertes:
In 50 cm Entfernung eines rufenden ♂wurde ein Schalldruckpegel von 90 Dezibel gemessen; in 600 m bis 1,2 km Entfernung von individuenstarken „Laubfroschchören“ 34-40 Dezibel. Die Größe des Kehlkopfes entspricht etwa einem Fünftel der Körpergröße. Männchen verlieren durch die aufgewendete Energie während der Rufperiode bis zu 13 % der Körpermasse. Europäische Laubfrösche nehmen ausgiebige Sonnenbäder auf entsprechenden Sitzwarten (z. B. Brombeerblättern). Dazu krümmen sie sich halbkugelförmig zusammen, pressen die Gliedmaßen eng an den Körper, reduzieren ihren Flüssigkeitsverlust durch Verschließen der Ausführungsgänge ihrer sehr zahlreichen Schleimdrüsen(130 pro mm²) und können eine gelbliche Färbung annehmen. Während der Mittagsstunden wurden an den Sonnenplätzen der Tiere Oberflächentemperaturen von 27-32°C gemessen und kurzzeitig bis zu 40°C toleriert. Bei abnehmender relativer Luftfeuchtigkeit suchen sie Sitzwarten in feuchteren Bereichen der Vegetationsschichten auf.
Text: Andreas Nöllert