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Die Gemeine Geburtshelferkröte - Alytes obstetricans

Geburtshelferkröte, Common Midwife Toad, Alytes obstetricans, Nördliche Geburtshelferkröte

Charakteristik:

Kleiner, gedrungener Froschlurch; senkrecht schlitzförmige Pupille; Handballen mit 3 Höckern; je eine Reihe größerer Warzen entlang den Rückenseiten; Paarungsrufe: aneinandergereihte Einzelklänge, die reinem, kräftigem Funksignal gleichen; westliches und südwestliches Europa.

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Beschreibung:

Beide Geschlechter erreichen eine Kopf-Rumpf-Länge von 55 mm. Am relativ großen Kopf fallen die stark hervortretenden Augen mit der senkrecht schlitzförmigen Pupille auf. Die Parotiden sind klein, das Trommelfell ist zumeist sichtbar. Am Handballen befinden sich 3 Höcker. Bei der Fersenprobe erreichen die Fersengelenke die Schulterregion (Weibchen) oder das Trommelfell (Männchen). Die Hautoberfläche ist warzig, vom Trommelfell bis in die Lendengegend zieht beidseits je eine Reihe größerer, manchmal rötlicher Warzen. Größere Drüsenkomplexe erkennen wir auf Unterarm und Unterschenkel. Grautöne dominieren die Rückenfärbung. Oft ist die Kröte mit kleinen schwarzen Pünktchen übersät, manchmal auch bräunlich, olivfarben oder grünlich gefleckt. Die Unterseite ist schmutzigweiß gefärbt, auf Kehle und Brust vielfach grau gefleckt. Geschlechtsunterschiede: Die Geschlechtsunterschiede sind äußerlich kaum ausgebildet. Männchen bleiben kleiner, haben etwas kräftigere Vorder- und geringfügig längere Hintergliedmaßen als die Weibchen. Schallblasen und Brunstschwielen sind nicht ausgebildet. Die Männchen tragen die Gelege um die Fersengelenke geschlungen.

Jahreszeitliche Unterschiede:

Keine Angaben bekannt.

Verwechslungsarten:

Echte Kröten: Pupillen waagerecht elliptisch; Parotiden größer.

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Verbreitung:

Auf der Iberischen Halbinsel ist die Gemeine Geburtshelferkröte im Norden und Nordwesten weit verbreitet. In Portugal wird der nördliche Landesteil besiedelt (südlichste Fundpunkte um Lissabon und im nördlichen Teil des Distriktes Portalegre). Vereinzelte Vorkommen gibt es in Spanien entlang der Mittelmeerküste bis in den östlichen Teil der Provinz Malaga. Frankreich ist nahezu gänzlich besiedelt. Die östliche Verbreitungsgrenze verläuft durch die nördliche Hälfte der Schweiz (Genfer See - Bodensee), das westliche Baden-Württemberg (Schwarzwald) bis nach Franken. Thüringen ist im westlichen Teil (etwa von Suhl durch das Eichsfeld bis in den Harz), Sachsen-Anhalt und Niedersachsen sind im Harzgebiet von der Art besiedelt, wobei die nördlichsten Vorkommen südlich von Hannover liegen. In Richtung Westen verläuft die Grenze der Mittelgebirgsschwelle folgend durch Nordrhein-Westfalen, über das äußerste Süd-Limburg (Niederlande) und Mittel-Belgien bis nach Frankreich. Die Kröte fehlt in Dänemark, Skandinavien, in großen Teilen Mittel-Europas, in Ost-Europa, auf dem Balkan, in Italien und auf den Mittelmeerinseln. Einbürgerungsversuche wurden auf den Britischen Inseln vorgenommen. Außerhalb Europas kommt die Art in Marokko vor.

Lebensraum:

In Deutschland wird stark reliefiertes und besonntes Gelände bevorzugt, das eine Vielzahl von Versteckplätzen bietet, in denen ein feucht-warmes Mikroklima herrscht. Diese Bedingungen sind in Steinbrüchen, Sand- und Kiesgruben erfüllt. Auch auf Industriebrachen und inmitten von Ortschaften kommt die Geburtshelferkröte vor. Dort sucht sie Verstecke in Bruchstein- und Trockenmauern, in Steinböschungen und sogar unter Treppenstufen auf. Auf der Iberischen Halbinsel ist sie eine typische Amphibienart des feuchten Nordwestens. Auch hier trifft man sie häufig in Dörfern oder Parkanlagen, in Kirch- und Friedhofsmauern. Die Winterquartiere liegen in tieferen Bodenschichten, Gesteinsspalten, Nagerbauten und manchmal auch in feuchten Kellern. Als Larvengewässer dienen im westlichen Mitteleuropa besonnte bis halbschattige Wasseransammlungen wie größere und tiefe Steinbruchweiher, Quellteiche, Ziegeleitümpel und Mergelgruben, aber auch wassergefüllte Fahrspurrinnen und Waldgräben. Die Vegetationsausstattung der Gewässer scheint von untergeordneter Bedeutung zu sein. In Portugal fand man die Larven vor allem in Quelltöpfen, Quellbächen und ruhigen Abschnitten von Gebirgsbächen, aber auch in künstlich angelegten Brunnen. Die Vertikalverbreitung der Art reicht von wenigen Metern über dem Meeres- spiegel bis in 2400 m NN in den Pyrenäen.

Nahrung:

An portugiesischen Tieren wurde folgendes Beutespektrum festgestellt: Spinnen 25%, Käfer 22%, Fliegenlarven 7%, Asseln 6%, Nacktschnecken 4 %, jeweils 3% Tausendfüßler und Schmetterlingslarven, 2% Regenwürmer; 16% machten andere, nicht mehr bestimmbare Insektenarten aus. Während der Fortpflanzungszeit hatten 46% der untersuchten Kröten keine Nahrung im Magen.

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Feinde:

Erwachsene Gemeine Geburtshelferkröten werden von verschiedenen Vogelarten gefressen, auf der Iberischen Halbinsel von der Ringelnatter. Larven werden die Beute von Großlibellen- und Wasserkäferlarven sowie der Vipern-Natter.

Abwehrverhalten:

Das Abwehrverhalten ähnelt dem der Iberischen Geburtshelferkröte. Bei unserer Art wurden jedoch bislang keine Lautäußerungen und Sekretabsonderungen beobachtet.

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Fortpflanzung:

In Westfalen beobachtete man eiertragende Männchen zwischen Ende März und Anfang August. In der Umgebung der spanischen Stadt La Coruña (200 m NN) trugen Männchen zwischen Mitte Februar und der dritten Augustdekade Gelege; das Maximum eiertragender Tiere lag zwischen März und Juni. In Gebirgspopulationen (Lago Ercina, Asturien 1100 m NN) trugen die meisten Geburtshelferkröten noch im August Eier mit kaum entwickelten Embryonen. Das Fortpflanzungsverhalten wurde bereits beschrieben. Von den Weibchen werden, zumindest in Iberien, 2-3 Gelege je Saison produziert; bei einer Ablage bis zu 77 Eier abgesetzt. Ein Männchen kann die Gelege von mehreren (2-4) Weibchen übernehmen, es wurden Eizahlen zwischen 5 und 171 ermittelt. Bei der Paarung „,bevorzugen" die Weibchen Männchen ohne bereits vorhandenes Eipaket. Paaren sie sich mit einem eiertragenden Partner, dann ist die Zahl der abgesetzten Eier kleiner. Das erste vom Männchen übernommene Eipaket ist um 24-34% größer als die nachfolgenden. Die Eier haben einen Durchmesser von 2,2-4,9 mm. Umstritten ist, ob Männchen bei zu großer Trockenheit aktiv das Wasser aufsuchen, um die Eier anzufeuchten. Bislang wurde dies lediglich bei Tieren der oben erwähnten Gebirgspopulation beobachtet. Dort hielten sich Männchen mit und ohne Eipaket während einer trockenen Sommernacht im Wasser auf. Eine weitere Beobachtung belegt, dass Männchen auf sehr nassem Untergrund durch Hochstemmen der Hintergliedmaßen die Eier vor dem Bodenkontakt bewahren. Die Embryonalentwicklung ist nach 3-6 Wochen abgeschlossen. Dann sucht das Männchen das Wasser auf, und die Larven verlassen die Eihüllen.

Paarungsrufe:

Die Paarungsrufe bestehen aus einzelnen, aneinandergereihten Klängen, die aus der Nähe einem reinen und kräftigen Funksignal ähneln. Aus größerer Distanz erinnern sie an Glockengeläut, daher auch der volkstümliche Name „Glockenfrosch". Die Rufe werden tags aus dem Versteck geäußert, der Rufer ist somit schwierig zu lokalisieren. Nachts rufen Geburtshelferkröten vor allem außerhalb der Verstecke. In Westfalen beginnt die Rufaktivität Anfang bis Mitte März und erstreckt sich bis in die dritte Septemberdekade. Der Höhepunkt liegt im Mai/Juni. In niederen Lagen Spaniens liegt das Maximum der Rufaktivität zwischen März und Mai. Der tägliche Rufbeginn im Tiefland Portugals war bei Dämmerungsanbruch zu beobachten, im Hochgebirge (Serra da Estrela) riefen die meisten Geburtshelferkröten bei vollem Sonnenschein zur Mittagszeit. Dies wurde auch aus deutschen Mittelgebirgslagen bekannt. Während des Paarungsvorspiels sollen auch die Weibchen rufen, so dass es zu einem Wechselgesang kommt. Die Paarungsrufe der Gemeinen Geburtshelferkröte können mit den Rufen der der Zwergohreule (Iberische Halbinsel, Frankreich) oder des Sperlingskauzes (südliches Mitteleuropa) verwechselt werden, auf der Iberischen Halbinsel auch mit den Rufen der Iberischen Geburtshelferkröte.

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Larvenentwicklung, Geschlechtsreife, Alter:

Beim Verlassen der Eihüllen messen die Larven 10-17 mm Gesamtlänge. Bei La Coruña waren erste Larven im April zu finden, die Metamorphose war zwischen Juli und Oktober abgeschlossen. In Malaga konnten metamorphosierende Jungtiere zwischen April und September beobachtet werden. Auf der Iberischen Halbinsel gelingen Larvenfunde nahezu ganzjährig. Im nordöstlichen Teil des Verbreitungsgebietes überwintern die Larven, so zum Beispiel in Westfalen, wenn die Wassertemperaturen zwischen Juni und September deutlich unter 20 °C liegen. Die Metamorphose erfolgt im folgenden Jahr ab April/Mai. Auch spät abgesetzte Larven überwintern. Die Larven können eine Gesamtlänge von 50-90 mm, in Ausnahmefällen von 110 mm erreichen. „Überwinterer" sind größer als Larven, die noch im gleichen Jahr die Metamorphose erreichen. Wahrscheinlich tritt die Geschlechtsreife im 2. oder 3. Lebensjahr ein. Altersangaben stehen nicht zur Verfügung.

Jahres- und Tagesaktivität:

Im nördlichen Teil des Verbreitungsgebietes werden im September/Oktober die Winterquartiere aufgesucht; im März ist die Winterruhe beendet. In niederen Lagen der Iberischen Halbinsel wird keine echte Winterruhe gehalten, obwohl die Mehrzahl der Tiere zwischen November und Februar eine herabgesetzte Aktivität zeigt. Die Sommermonate werden dort in tieferen Verstecken überdauert. Der tägliche Aktivitätsgipfel liegt in den Dämmerungs- und Nachtstunden. Geburtshelferkröten entfernen sich bis zu 500 m vom Larvengewässer.

Gefährdung und Schutz:

Vor allem an der nordöstlichen Verbreitungsgrenze, so in den Niederlanden und Deutschland gilt die Art, regional unterschiedlich, als bestandsgefährdet oder auch vom Aussterben bedroht. Der Bestandsschwund resultiert aus der Zerstörung der Larvengewässer oder deren Umwandlung in Fisch-Intensivgewässer. Nachteilig wirken sich Verbuschung der Landlebensräume und falsche Renaturierung von Steinbrüchen und anderen Erdaufschlüssen aus. Bei Ausschluss dieser Negativfaktoren können sich durchaus individuenreiche Populationen aufbauen. Eine hohe Siedlungsdichte wurde im Raum Witten (Westfalen) mit einer Kolonie auf rund 2 km2 ermittelt.

Text: Andreas Nöllert

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