- Startseite
- › Wissen
- › Der Fadenmolch - Lissotriton helveticus
Der Fadenmolch - Lissotriton helveticus
Charakteristik:
Kleiner Wassermolch; Kopfoberseite mit 3 Längsfurchen; Drüsenmulden zwischen Nasenloch und Auge schwach eingesenkt; heller Fleck oberhalb der Hintergliedmaßenansätze; 2 helle Flecke auf Hinterfußballen; Männchen in Wassertracht mit niedriger, ganzrandiger Rückenleiste, mit längerem Schwanzendfaden (auch Weibchen) und dunklen Schwimmsäumen an Zehen; Kehle und Bauchmitte zumeist ungefleckt; westliches Europa, Verbreitungsschwerpunkt: Frankreich.
Größe:
Gesamtlänge (GL) Männchen (♂) 85 mm, Weibchen (♀) 95 mm.
Beschreibung:
Beiderseits der Rückenmitte verläuft je eine Rückendrüsenleiste, wodurch vor allem bei Männchen der Körperquerschnitt rechteckig erscheint. Der Schwanz ist seitlich zusammengedrückt und entspricht nicht ganz der Kopf-Rumpf-Länge. In Wassertracht haben die Männchen eine niedrige, glattrandige Rückenleiste, die ohne Unterbrechung in den relativ hohen oberen Schwanzflossensaum übergeht. Ihr Schwanz endet stumpf, daran setzt ein bis zu 8mm langer Endfaden an. Der Schwanz beim Weibchen endet spitz, der Schwanzendfaden wird bis zu 3 mm lang. An den Zehen der Männchen erkennen wir während des Wasseraufenthaltes dunkle Schwimmsäume. Vom Nasenloch durch das Auge zieht ein dunkler Kopfseitenstreifen, darunter ist im Wangenbereich eine helle Zone sichtbar, die bei den Männchen dunkel punktiert ist. Oberseits sind die Männchen auf mittel- bis dunkelbraunem Grund mehr oder weniger dunkel gefleckt, teilweise marmoriert. Das orangerötliche Schwanzmittelfeld ist oft nur am Schwanzansatz dunkel gefleckt und an Ober- und Unterseite von einer dunklen Fleckenreihe eingefasst. Der untere Schwanzflossensaum schimmert manchmal bläulich. Beim Weibchen variiert die Grundfarbe der Oberseite von lehmgelb bis dunkel olivbraun. Es gibt sowohl dunkel gefleckte als auch fleckenlose Tiere. Die Schwanzseiten sind dunkel gefleckt, der Schwanzunterrand ist manchmal gelblich. Oberhalb des Ansatzes der Hintergliedmaßen ist in beiden Geschlechtern je ein heller Fleck sichtbar. Die Kehle ist weißlich bis fleischfarben und oft ungefleckt. Auch die gelbliche bis orangefarbene Bauchmitte ist fleckenlos, sie wird an den Seiten von kleineren dunklen Tupfen gesäumt. Fadenmolche haben auf dem Hinterfußballen zwei helle Flecken.
Geschlechtsunterschiede:
Die Weibchen werden etwas größer als männliche Fadenmolche, ihre Kloake ist nicht so stark gewölbt wie die der Männchen. Weitere Geschlechtsunterschiede sind bereits oben aufgezählt.
Jahreszeitliche Unterschiede:
Beim Verlassen des Wassers haben sich die Schwanzflossensäume, die Rückenleiste und die Schwimmsäume an den Zehen der Männchen weitgehend zurückgebildet. Der Schwanzendfaden ist deutlich kürzer, kann aber auch gänzlich fehlen. Die Haut wird stumpf, leicht „körnig" und wasserabweisend. Manchmal hellt sich die Färbung an Land etwas auf.
Verwechslungsarten:
Teichmolch: Vor allem die Weibchen können miteinander verwechselt werden. Teich- molch mit stärker eingesenkten Drüsenmulden zwischen Nasenloch und Auge; Kehle und Bauch zumeist gefleckt; oberhalb Hintergliedmaßenansatz selten heller Fleck; selten helle Ballenflecke; Männchen sind nicht zu verwechseln.
Lebensraum:
Das Verbreitungsgebiet des Fadenmolches ist größtenteils durch Niederschlagsreichtum gekennzeichnet. In Mittel- und West- Europa lebt er vor allem in Waldgebieten (Laubwald). Er bevorzugt kühle, klare, auch halbschattige Klein- und Kleinstgewässer, z. B. wassergefüllte Fahrspurrinnen, Quelltöpfe, Gräben (auch schwach fließendes Wasser) und Rinnsale. Auch in Teichen, Weihern, Altwässern und Bachmäandern ist er anzutreffen. Die Unterwasservegetation besteht vielfach aus Wassersternarten und dem Flutenden Schwaden. Auf der Iberischen Halbinsel wird er auch in subalpinen Heidegebieten beobachtet, wo stark verkrautete bis nahezu vegetationslose Bergseen, Quelltöpfe und langsam fließende Bachabschnitte als Laichgewässer dienen. Außerhalb des Wassers lebt er versteckt unter totem Holz, unter Steinen oder in Kleinsäugerbauten. Dort befinden sich auch die Winterquartiere. Der Fadenmolch meidet auch das Brackwasser nicht.
Nahrung:
Sie besteht vor allem aus Bachflohkrebsen und Wasserflöhen, aber auch Köcher- und Steinfliegenlarven werden verzehrt. Die Larven ernähren sich zunächst von kleinsten planktonischen Lebewesen, dann auch von Bachflohkrebsen und Wasserflöhen; manchmal sind sie auch kannibalisch.
Feinde:
In größeren Gewässern der Mittelgebirge scheinen Forellen die Hauptfeinde der Molche und ihrer Larven zu sein.
Abwehrverhalten:
Im Wasser flüchten Fadenmolche in die dichtere Vegetation oder wühlen sich im Bodenschlamm ein. Wird der Molch ergriffen, produziert er piepsende Abwehr- laute.
Fortpflanzung:
In Mittel- und Westeuropa beginnt die Frühjahrswanderung zum Laichgewässer manchmal schon Mitte Februar und kann sich bis in den Mai erstrecken. Die meisten Molche erscheinen Mitte März im Wasser. Zwischen Juni und Ende Juli wird das Wasser wieder verlassen. Auf der Iberischen Halbinsel kann sich die Fortpflanzungszeit, je nach Höhenlage, von Januar bis Mitte August erstrecken. Das Balzspiel ähnelt dem des Teichmolches. Vom Weibchen werden im Verlauf einer Saison 290-440 Eier einzeln an Wasserpflanzen geheftet, zumeist in Blättchen „eingefaltet". Die Eier messen 1,3 -1,8 mm im Durchmesser und sind oberseits hell- bis beigebraun, am unteren Pol etwas heller. Die Gallerthüllen sind oval geformt. Nach 8- 14 Tagen ist die Embryonalentwicklung abgeschlossen. Die Larven schlüpfen mit Gesamtlängen von 8-12 mm. In mitteleuropäischen Kleinstgewässern ist die Metamorphose schon nach 6 Wochen abgeschlossen. Abwan- dernde Jungmolche sind zwischen Anfang Juli und November zu beobachten. Manchmal überwintern Larven im Wasser und beenden die Metamorphose im Laufe des kommenden Jahres. Die Larven werden etwa 40 mm lang, selten bis 60 mm. Wenn die Jungmolche das Land aufsuchen, haben sie eine Gesamtlänge von 30-40 mm. Die Geschlechtsreife tritt mit dem zweiten Lebensjahr ein. Bis zu dieser Zeit leben die Jungtiere an Land. In Gefangenschaft wurde ein Fadenmolch 12 Jahre alt.
Jahres- und Tagesaktivität:
In Mittel- und Westeuropa halten Fadenmolche zwischen Oktober/November und Februar/März eine Winterruhe an Land, seltener im Wasser. Während der Fortpflanzungszeit ist die Art tag- und nachtaktiv, während des Landaufenthaltes zumeist nur in regnerischen Nächten zu finden. Fadenmolche können bis zu 400 m (zumeist weniger als 100 m) vom Gewässer abwandern.
Gefährdung und Schutz:
Die Art ist in ihren Lebensraum durch verschiedene Formen der Waldnutzung gefährdet. Vor allem durch die Verfüllung von Fahrspurrinnen entlang der Forstwege und deren Asphaltierung verschwinden wichtige Laichgewässer. Ein weiterer Gefährdungsfaktor ist die Ausweitung der Forellenhaltung. Die Erhaltung und Neuanlage von wegbegleitenden Rinnensystemen sowie von krautreichen, „verwilderten“ Abschnitten in Fischzuchtteichen wären Beiträge zur Sicherung der Vorkommen.
Text: Andreas Nöllert