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Der Bergmolch - Ichthyosaura alpestris
Artcharakteristische Kennzeichen:
Kleiner (Männchen) bis mittelgroßer, kräftiger (Weibchen) Wassermolch; Bauch komplett rot bis gelblich, zumeist ohne dunklere Fleckung; Haut während des Wasseraufenthaltes glatt; während des Landaufenthaltes samtartig leicht granuliert, trocken und wasserabweisend; Kopfoberseite glatt, ohne Längsfurchen.
Größe:
Gesamtlänge (GL) Männchen (♂) 71-92 mm, Weibchen (♀) 70-120 mm.
Geschlechtsunterschiede:
Deutliche Geschlechtsunterschiede hinsichtlich Färbung, Zeichnung und Größe sowohl in Wasser- als auch in Landtracht.
Wassertracht:
♂ mit großem Blauanteil im Farbkleid; niedriger, schwarz-gelblich/schwarz-weiß gebänderter Rückenleiste (Rückenkamm) und Seitenband aus schwarz-weißem Gittermuster, das bauchwärts durch ein blaues Längsband von der fleckenlosen warnfarbigen Bauchseite begrenzt ist. Kloake stark erbsenförmig gewölbt. ♀ ohne Rückenleiste, oberseits und an Körperflanken mit grauem, bläulichem, grünlichem oder bräunlichem Marmormuster; Gittermuster an Kopfseiten und Körperflanken weniger kontrastreich und deutlich, grenzt zumeist ohne blaues Flankenband direkt an warnfarbige Bauchseite. Kloake linsenförmig, nicht stark gewölbt.
Landtracht:
Färbung beider Geschlechter dunkler und Zeichnungsmuster weniger deutlich als in Wassertracht. Rückenleiste beim ♂ noch sichtbar aber niedriger, Gittermuster des Seitenbandes undeutlicher, Kloake weniger stark gewölbt. ♀ z. T. oberseits nahezu schwarz; Gittermuster noch undeutlicher als in Wassertracht.
Jahreszyklus:
Dauer der Kältestarre, Termine der Zu- und Abwanderung zum/vom sowie Verweildauer im Fortpflanzungsgewässer sind u. a. von der geografischen Breite, der Höhenlage und den aktuellen lokalklimatischen Bedingungen abhängig. Zuwanderung erfolgt zwischen Februar und Mai, Abwanderung Mitte Mai bis Ende August. Hauptpaarungsaktivitäten ca. von Mitte April bis Ende Mai.
Tagesaktivität:
Zur Fortpflanzungszeit Aktivitätsspitzen in der Morgen- und Abenddämmerung, Nahrungsaufnahme häufig nachts. Während des Landaufenthaltes nacht-, bei Niederschlägen auch tagaktiv.
Fortpflanzung:
Das komplexe Fortpflanzungsverhalten der Molcharten besteht aus einer Kette komplizierter Verhaltenshandlungen (Sequenzen) die „schrittweise“ zur Übergabe eines Samenpakets (Spermatophore) des Männchens an das Weibchen führen. Dabei spielen optische, olfaktorische (Geruchs-) und taktile (Berührungs-) Reize eine bedeutende Rolle. Wir unterscheiden die Orientierungsphase, die Phase der statischen Werbung und die der Übergabe der Spermatophore. Das ♂ präsentiert am Gewässerboden einen „Balztanz“ vor der Partnerin. Dabei werden z. B. durch Schwanzvibrationen Geruchsstoffe in Richtung Partnerin geleitet. Zum Schluss wird das ♀ vom Partner zu der von ihm am Boden abgesetzten Spermatophore geleitet. Deren Spitze bleibt an den Kloakenlippen des ♀ haften und wird anschließend aufgenommen (innere Befruchtung).
Das ♂ produziert je Saison ca. 50 Spermatophoren. Das ♀ legt je Saison 70-390 Eier. Sie werden mit Hilfe der Hintergliedmaßen einzeln in Wasserpflanzenblätter eingerollt (Schutz). Ei-Durchmesser 1,5-1,7 mm, Durchmesser mit schützenden Gallerthüllen 2,5-3,0 mm. Entwicklungsdauer der Embryonen unter natürlichen Bedingungen 2-4 Wochen, bei 20-22°C Wassertemperatur 8-9 Tage. mittlere Schlupfgröße 7-8 mm. Dauer der Larvalentwicklung ca. 3 Monate. GL der Larven kurz vor der Metamorphose 28-40 mm; GL der durch Lungen atmenden Metamorphlinge 40-55 mm. Larven überwintern häufig auch im Gewässer.
Tagesverstecke und Winterquartiere:
Bergmolche suchen an Land vielfältige kühl-feuchte Verstecke auf. Die befinden sich häufig in unmittelbarer Nähe der Fortpflanzungsgewässer, z. B. unter Steinen und Totholz. Die gleichen Lokalitäten können auch als Winterquartiere dienen. Bergmolche halten sich auch ganzjährig im Gewässer auf.
Wanderdistanzen:
Größtenteils weniger als ca. 200 m; bislang belegtes Maximum 4 km.
Nahrung:
Während des Gewässeraufenthaltes bilden Zuckmückenlarven und –puppen die Hauptnahrung. Während des Landaufenthaltes werden Insekten und deren Larven, Spinnen, Asseln und Würmer verzehrt.
Prädatoren (Beutegreifer, Fressfeinde):
z. B. Schwimmkäfer, Libellenlarven, Fische, Ringelnattern, Graureiher, Wasserspitzmäuse
Abwehrverhalten:
Einnahme einer Schreckstellung wobei der Körper seitlich eingebogen wird, die Hintergliedmaßen abgespreizt, der Vorderkörper durch Streckung der Vordergliedmaßen angehoben sowie der Schwanz aufgestellt und eingerollt werden. Dadurch sind Teile der warnfarbigen Unterseite sichtbar. Alle drei heimischen Molcharten besitzen eine Stimme. Die eher „quieckenden“ Lautäußerungen, die sowohl unter Wasser als auch an Land von beiden Geschlechtern produziert werden können, dienen auch der Abwehr von Beutegreifern.
Alter:
Durch die Methode der Skeletochronologie kann das Lebensalter relativ zuverlässig bestimmt werden. Dabei wird die Anzahl der „Ruhelinien“ in einem histologischen Querschnitt der Fingergliedknochen unter einem Mikroskop ermittelt. Die Linien entstehen während der Kältestarre (Überwinterung), da der Knochen zu dieser Zeit nicht wächst. Die Zahl der Linien entspricht somit der Zahl der Überwinterungen. Für Männchen wurden 3-22 Jahre, für Weibchen 5-21 Jahre ermittelt. Die ältesten Individuen konnten in alpinen Lebensräumen nachgewiesen werden.
Bemerkenswertes:
Häufiger als bei anderen europäischen Schwanzlurchen tritt beim Bergmolch das Phänomen der Pädomorphie auf. Die Tiere behalten Larvenmerkmale (z. B. äußere Kiemen, Hautstruktur), verbleiben ganzjährig im Wasser und sind „im Larvenzustand“ fortpflanzungsfähig.
Text: Andreas Nöllert